Am 18. September 2021 verstarb der Maler Ronald Paris zu Hause in Rangsdorf.
Paris war ein gefragter, kluger und inspirierender Gesprächspartner auch bei Veranstaltungen der Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg, so z.B. im Januar 2018 im völlig überfüllten Raum in der Geschäftsstelle der RLS in der Dortustraße, als es um die Ausstellung "Hinter der Maske" im Barbarini in Potsdam ging, oder zuletzt im Dezember 2019 im Güldenen Arm, als wir die "Kulturgeschichte der DDR" von Gerd Dietrich diskutierten.
Dr. Gerlinde Förster, selbst eine Zeitlang Mitglied im Kuratorium der RLS Brandenburg, hat als Kunstwissenschaftlerin, Kuratorin und Freundin von Ronald Paris einen Nachruf verfasst, der heute in der Zeitung "neues deutschland" erschienen ist und den wir hier dokumentieren.
Um die Würde des Menschen ging es ihm
Zum Tod des Malers Ronald Paris
von Gerlinde Förster
erschienen am 20. September 2021 in der Zeitung "neues deutschland", S. 13
Ronald Paris gehörte zu den herausragenden deutschen Malern und Grafikern seiner Generation. Am 17. September ist er in seinem Haus in Rangsdorf (Brandenburg) im Alter von 88 Jahren verstorben.
Die Werke des 1933 im thüringischen Sondershausen geborenen Sohnes eines Theaterschauspielers und einer Weißnäherin befinden sich in so bedeutenden Sammlungen, öffentlichen Gebäuden und Museen wie der Eremitage in St. Petersburg, der Berliner Nationalgalerie, im Dresdner Albertinum, im Gewandhaus und im Museum der Bildenden Künste in Leipzig, in der Kunsthalle Rostock sowie in den Uckermärkischen Bühnen Schwedt. Mehrfach wurde er ausgezeichnet, zuletzt für sein Lebenswerk mit dem Ehrenpreis des Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg.
Mit seinen großen Epochenbildern für den Palast der Republik oder für das Haus der Statistik am Berliner Alexanderplatz, eindrucksvollen Porträts (z.B. Schauspielerin Inge Keller, Liedermacher Wolf Biermann, Sänger Ernst Busch, Komponist Hanns Eisler oder Regisseur und Schriftsteller Heiner Müller), expressiv realistischen Landschaften in kraftvoller Farbigkeit hat sein Schaffen in unzähligen Ausstellungen, zuletzt im Schloss Biesdorf in Berlin und aktuell an der Ostsee in der Kunstscheune Barnstorf in Wustrow im Bildgedächtnis vieler Menschen einen unverrückbaren Platz gefunden.
Seine künstlerische Haltung war Zeit seines Lebens geprägt von Einmischung. Im DDR-Künstlerverband setzte er sich argumentationsstark für die Interessen anderer Künstler*innen wie für die Vielfalt künstlerischer Handschriften ein. Auch unter den neuen gesellschaftlichen Bedingungen bezog er kritisch Position. Prägnantes Beispiel dafür sind seine Bilder zur Flüchtlingsdramatik im Mittelmeer.
In gestalterischer Dichte, der ihm eigenen Leidenschaft für Farbe, Form und Figur forderte er den Dialog heraus. In seinem über sieben Jahrzehnte gewachsenen Werk ging es ihm um Grundthemen und Grunderfahrungen, die der Mensch zu allen Zeiten macht. So spiegeln die Gemälde und Zeichnungen, Grafiken und Collagen, die baugebundenen Arbeiten menschliches Leben als Handeln zwischen Verführung, Glücksverheißung, Liebe und Leid wider. Paris brauchte die menschliche Gestalt, das Erlebnis europäischer wie außereuropäischer Landschaftsräume und die damit verbundene Geschichte, um den Menschen vom Wesen her in seinem natürlichen wie sozialen Bedingungsgefüge zu begreifen, hinter die Gründe und Abgründe seines Tuns zu kommen. Um die Würde des Menschen ging es ihm.
Diese mit den Mitteln seiner Kunst zu verteidigten, war Antrieb für das Entstehen seiner Bildwelt. Von prägendem Einfluss in dieser Hinsicht waren während seines Studiums der Wandmalerei von 1953 bis 1958 an der Hochschule für bildende und angewandte Kunst Berlin-Weißensee Künstlerpersönlichkeiten wie Gabriele Mucchi, Arno Mohr, Bert Heller und Kurt Robbel und später während seiner Zeit als Meisterschüler an der Akademie der Künste Otto Nagel.
Ronald Paris verstand sich mit seiner Kunst als Realist. In den Jahren seiner Professur an der Hochschule für Kunst und Design Burg Giebichenstein in Halle von 1993 bis 1999 suchte er seinen Student*
innen diese Überzeugung als künstlerische Grundhaltung zu vermitteln. Selbst sah er sich, wie er immer betonte, »in der Reihe derjenigen, die weniger einen Stil suchen, als vielmehr unterwegs und auf der Suche sind, lebendig und offen auch für jenes, was unbewusst im Arbeitsvorgang entstehen kann«. So gab es für ihn keine Kunst ohne Wahrheit und Wahrhaftigkeit. Neugier war die Quelle seiner Inspiration und Offenheit das Maß für Glaubwürdigkeit.