Themenschwerpunkt beim Lernort Garnisonkirche: Nationalprotestantismus
Der im vergangenen Jahr gestartete Lernort Geschichte - angesiedelt bei der Martin-Niemöller-Stiftung e.V. als digitales Angebot sowie in Präsenz im Rechenzentrum - widmet sich im diesejährigen Themenschwerpunkt dem Nationalprotestantismus. Neben einem Veranstaltungsprogramm werden fortlaufend Dokumente und Texte vorgestellt, die einen detaillierten Blick auf die kirchliche Tradition des Ortes werfen. Dabei ist die Frage leitend, für welche Art des Glaubens die Garnisonkirche stand und wie sich das Wiederaufbauprojekt zu dieser Glaubenstradition verhält.
So werden z.B. durch die Analyse von Predigt- oder anderen Texten von Pfarrern der Garnisonkirche auch Verbindungen zum Kolonialkrieg gegen die Herero und Nama in Südwest-Afrika 1904/1905 herausgearbeitet. Als Beispiel dient hier der Garnison- und Hofprediger Max Schmidt, der als Feldgeistlicher u.a. an diesem Kolonialkrieg beteiligt war.
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Bewertung des "Versöhnungsabkommens" für die RLS durch Andreas Bohne
Der Völkermord an den Herero und Nama in der früheren Kolonie Deutsch-Südwestafrika, dem heutigen Namibia, zwischen 1904 und 1908 hat aktuell eine etwas größere Öffentlickheit erfahren - da nach jahrelangen Geheimverhandlungen ein Abkommen zwischen Deutschland und Namibia kurz vor dem Abschluss steht.
Andreas Bohne vom Bündnis "Völkermord verjährt nicht!" hat für die Rosa-Luxemburg-Stiftung eine Einschätzung des "Versöhnungsabkommens" zwischen Deutschland und Namibia verfasst. "Halbherzige Formulierungen, Ausschluss von Gruppen, Konditionierung von Geldern - das sind nur drei der maßgeblichen Punkte, die dazu beitragen, dass eine Aussöhnung nur auf dem Papier stattfinden wird." Für Bohne ist das Abkommen lediglich eine Diskussionsgrundlage, auf der man aufbauen kann, keineswegs aber kann das Abkommen als Abschluss der weiterhin notwendigen Debatte um Aufarbeitung und Reparationen betrachtet werden.
Koloniale Amnesie. Zum Umgang mit der deutschen Kolonialvergangenheit
Standpunkte-Papier von Reinhart Kößler und Henning Melber
9/2018
Derzeit wird in deutschen Landen darum gestritten, ob und in welcher Form sich der kolonialen Gewaltgeschichte des Deutschen Kaiserreichs erinnert wird. Damit ist die Frage verbunden, ob es eine angemessene Form der Auf- und Verarbeitung gibt. Dem halten die beiden Autoren die These entgegen, dass weiterhin von kolonialer Amnesie gesprochen werden muss. Amnesie schließt eine Befassung mit dem Kolonialthema nicht aus. Kolonialherrschaft wird dann zwar nicht verherrlicht, aber doch tendenziell relativierend oder gar noch immer romantisierend apologetisch behandelt und die Forderungen einer postkolonial inspirierten Zivilgesellschaft als ideologisch zurückgewiesen.
Reinhart Kößler ist ehemaliger Direktor des Arnold-Bergstraesser-Instituts in Freiburg i. Br.
Henning Melber ist Direktor emeritus der Dag-Hammarskjöld-Stiftung in Uppsala und Präsident der European Association of Development Research and Training Institutes (EADI).
Beide sind Research Associate and Visiting Professor am Institute of Reconciliation and Social Justice bzw. Extraordinary Professor am Centre for Gender and Africa Studies der University of the Free State in Bloemfontein, Südafrika.