Lenin und die Oktoberrevolution gehören wahrlich nicht zu den Themen, die trotz des 100. Jahrestages zu großen Feiern anregen oder Schwerpunkt im Geschichtsunterricht bzw. in der politischen Bildung werden. Auch die institutionalisierte Linke in Brandenburg geht eher halbherzig damit um. Vielleicht zu Recht. Denn was soll man mit diesem Erbe, das auf Erringen der Macht gerichtet war, wo es heute um die durchaus komplizierte Frage geht, ob sozialistische Politik innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft möglich ist. Und doch: Lenin und die Oktoberrevolution polarisieren nicht nur zwischen unbelehrbaren Antikommunisten und nostalgischen Kommunisten. Auch innerhalb der linken Bewegung und Theorie gibt es Streit. Und dieser Streit, das zeigen Publikationen und Konferenzen, kann produktiv und sehr heutig sein. Michael Brie hat mehrfach in diese Debatte mit Publikationen und jüngst mit seinem Buch „Lenin neu entdecken“ (Hamburg 2017) eingegriffen. Auch in seinem Vortrag wird er keine einfachen Antworten anbieten, jedoch in von ihm gewohnter Weise zum Nachdenken über „Dialektik der Revolution und Metaphysik der Herrschaft“ anregen. Michael Brie meint, wer vom Stalinismus redet, darf nicht vom Leninismus schweigen. Leninismus sei der Versuch, in unmenschlichen Zeiten mit ahumanen Mitteln humane, zutiefst sozialistische Ziele zu verfolgen. Dies sei ein Erbe, das die Linke weder uneingeschränkt annehmen, noch einfach ablehnen kann, sondern aus dem sie lernen muss.
Prof. Dr. Michael Brie, geboren 1954, arbeitet beim Institut für Gesellschaftsanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Berlin und war bereits mehrere Male zu Vorträgen in Senftenberg.