Nachricht | Heinrich Fink (1935-2020)

Ein Nachruf von Gerd-Rüdiger Hoffmann (Rosa-Luxemburg-Stiftung)

Prof. Dr. Heinrich Fink (Foto: Gabi Senft, bearb. von Gerd-Rüdiger Hoffmann)

Vor wenigen Tagen ist der Theologe, Politiker und Antifaschist Prof. Dr. Heinrich Fink verstorben, der auch der Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg eng verbunden war. Gerd-Rüdiger Hoffmann, Mitglied und für die RLS in der Lausitz engagiert, hat einen Nachruf verfasst, den wir hier dokumentieren. 


„Alle wollte er für das Experiment gewinnen, ob nicht doch der Schritt vom Menschsein zur Menschlichkeit gemacht werden könnte. Er jedenfalls glaube unbeirrt, daß der Mensch für diesen Sinn lebe.“

Diese Worte fand Heinrich Fink am 27. Juni 1998 auf dem Waldfriedhof Hoyerswerda / Wojerecy am Grabe von Gerhard Gundermann. Vielleicht meinte er bereits damals mit dieser Einschätzung eines ganzen Lebens auch sich selbst. Jedenfalls war sein Streben als Theologe, Politiker und Antifaschist von dieser Hoffnung getragen: Mehr Menschlichkeit in diese Welt bringen, wo die großen Fragen auch im Kleinen gestellt werden und im Kleinen sehr praktisch um Lösungen gerungen wird. Sein Wissen, seine Geradlinigkeit und Milde gegenüber Andersdenkenden, selbst wenn er meinungsstark seine Position vertrat, haben viele Menschen auch in den Veranstaltungen der Rosa-Luxemburg-Stiftung in der Lausitz überzeugt. Und ganz nebenbei erschien durch ihn für so manche eingefleischte Atheisten im Revier das Christentum in einem völlig neuen Licht, vielleicht gerade deshalb, weil ihm jede Romantisierung und missionarisches Gebaren fremd waren.

Das Leben als Bewegung in zu bewältigenden Widersprüchen könnte eine Maxime von Heiner Fink gewesen sein. Auch Scheitern gehört zum Leben. Anpassung des „lieben Frieden willens“ war seine Sache nicht. Auf Feindbilder konnte er jedoch verzichten, was durchaus nicht Verzicht auf harte Auseinandersetzungen bedeutete. Vor allem seine Arbeit im VVN – Bund der Antifaschisten legt davon Zeugnis ab. Aber Aktionismus und Konfrontation „aus Prinzip“ gehörte nicht zu seinem Wesen. Klare Haltung und unbeirrtes Handeln, auch wenn die politisch korrekten Vokabeln dafür noch nicht gefunden waren, dürfen wohl als seine Markenzeichen gelten. In besonderer Erinnerung wird das 3. Senftenberger Kolloquium der Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg im Januar 2002 zum Thema „Wir-Gefühl und Feindbild“ bleiben. Nicht nur das Wissen des Professors beeindruckte das Publikum, sondern auch die Art, wie Heiner Fink von den Berichten der ebenfalls anwesenden Überlebenden von Theresienstadt Michaela Vidladkova und Arthur Radvanski emotional berührt war.

Prof. Dr. Heinrich Fink mit Dr. Michaela Vidladkova und Arthur Radvanski während des 3. Senftenberger Kolloquiums am 25. Januar 2002 aus Anlass der Befreiung des KZ Auschwitz im Januar 1945 durch die Sowjetarmee. (Foto: RLS Senftenberg)

In meiner Arbeit als Politiker hat mich Heiner Fink stark beeinflusst. Das betraf gar nicht den Umgang mit Geschäftsordnungen und parlamentarischen Gepflogenheiten, sondern vielmehr den Umstand, dass es immer um Inhalte, also um die jeweils zu behandelnde Sache selber, gehen müsse. Von jeder „Sache“ sind Menschen betroffen. Sich hinter Sachzwängen zu verstecken, war seine Sache nicht. Diese erweisen sich allzu oft als Denkzwänge. Er hat als Kümmerer durchaus einen Anteil daran, dass ich so manche Haltung und Denkweise als kritischer Philosoph trotz oft harter Partei- und Parlamentsarbeit halbwegs bewahren konnte und vor Kleingeistern mit hohem Macht- und Einkommensbewusstsein nicht einknickte. Einig waren wir uns stets, dass diese seltsam passiv machende Talkshowdemokratie kein Ersatz für Selberdenken und Selbertun sein kann. Sein lebendiges Aktivsein in Verbindung mit seinen klugen wissenschaftlichen Vorträgen steckte Zögernde gelegentlich sogar an.

Mit Heinrich Fink hat die Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg einen wichtigen Ratgeber, Mitstreiter und Genossen verloren.
Wir trauern um einen guten Freund und wünschen seiner Frau Ilsegret und der Familie viel Kraft in dieser schwerer Zeit."

Dr. Gerd-Rüdiger Hoffmann