Dokumentation Neujahrsempfang der Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg 2020

Jahresauftakt im Zeichen der Erinnerung an 89/90

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Wenzel beim Neujahrsempfang der Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg 2020, Foto: Daniel Klaucke

Mit dem Neujahresempfang begann die Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg am 28. Januar 2020 ihre Bildungsarbeit im Jahr 2020 – gleichwohl bereits die Ausstellung „Schicksal Treuhand – Treuhand-Schicksale“ in an der Europa-Universität Frankfurt (Oder) und die Ausstellung „Meine jüdischen Eltern, meine polnischen Eltern“ im Rathaus Senftenberg bereits zuvor eröffnet worden waren. Über 140 Menschen, darunter Mitglieder, Abgeordnete, Vertreter der RLS aus Berlin, die Büroleiter aus Warschau und aus Prag sowie aus Thüringen und Bremen, Stipendiat*innen, Vertrauensdozent*innen, Referent*innen und Kooperationspartner*innen waren der Einladung ins Potsdam Museum gefolgt.

In seiner Begrüßungsrede warf der Vorsitzende, Steffen Kludt, einen Blick zurück auf die Bildungsarbeit im vergangenen Jahr mit 140 Veranstaltungen mit ca. 5.200 Teilnehmenden an 27 Orten im Land Brandenburg, darunter die außerordentlich gut besuchten Angebote zum 100. Todestag von Luxemburg und Liebknecht, zur Demokratiebildung in Schule und Lehrerbildung, zu den außenpolitischen Beziehungen zwischen der EU und Asien oder zum Herbst 1989/90 und Ostdeutschland heute. Zudem skizzierte er die aktuellen Herausforderungen für die politische Bildung nach den vergangenen Landtagswahlen, insbesondere für die Arbeit in den ländlichen, berlinfernen Räumen. Die Mehrheit der Menschen glaube derzeit nicht, dass man etwas an den politisch-ökonomischen Machtverhältnissen grundlegend ändern könne. Viele Menschen seien aber auch auf der Suche nach neuen Antworten auf die großen Fragen unserer Zeit. Hier öffne sich ein weites Feld der politischen Bildung. Dazu gehören zweifelsohne die Klimakrise, der rasante technologische Wandel und die politischen Instabilitäten auf der Welt - verbunden mit den aktuellen Fragen von Krieg und Frieden.

Daniela Trochowski, die designierte Geschäftsführerin der Rosa-Luxemburg-Stiftung, nahm in ihrem Grußwort Bezug auf die Demonstrationen vom Herbst 1989/90, an denen sie als Studentin in Leipzig teilgenommen hat. Sie erinnerte sich: „Meine Freunde und ich trugen ein Plakat mit der Aufschrift „nie wieder Deutschland“. Denn für uns war die Gefahr des Faschismus, einer Großmachtpolitik eines vereinten Deutschland real.  - Und wie man heute feststellen kann – nicht ohne Grund.“ Hier knüpfe auch die Tätigkeit der Rosa-Luxemburg-Stiftung an – so Daniela Trochowski. Durch Veranstaltungen, Ausstellungen und Aufarbeitungen zeige die Rosa-Luxemburg-Stiftung sehr erfolgreich eine eigene historische Perspektive auf. Sie knüpft auch an die Utopien eines demokratischen Sozialismus an, welche vor 30 Jahren nicht realisiert werden konnten, aber viele Menschen bis in die heutigen politischen Auseinandersetzungen prägen. Die Stiftung zeigt auf, was in allen relevanten Bereichen der Gesellschaft schon heute machbar ist, aber auch wie der Übergang zu einer gerechten, solidarischen Gesellschaft im umfassenden Sinne gestaltet werden kann.

An die Erfahrungen der Jahre 89/90 knüpfte auch die folgende Filmvorführung an. Gezeigt wurde ein Zusammenschnitt aus Interviews mit DDR-Oppositionellen „Nennen wir es Revolution!?“, die die Zeitschrift telegraph geführt hat und die auf die im November 2019 durchgeführte Veranstaltung „Linke Opposition in der DDR – ihre Verdrängung und Gegenwart. Utopien eines demokratischen Sozialismus 1989 und 2019“ verwiesen.

Der traditionell bei dieser Veranstaltung verliehene Förderpreis der RLS Brandenburg ging in diesem Jahr an die Sozial- und Kulturanthropologin Julia Nina Baumann für ihre an der FU Berlin vorgelegte Masterarbeit „‚ZwischenWelten in einer verlorenen Zeit´: Raumbezogenes Worldmaking von Geflüchteten in der strukturellen Peripherisierung in Übergangswohnheimen im ländlichen Brandenburg – eine aktivistische Ethnografie“. Der Förderpreis beinhaltet neben einem Preisgeld den Druck der Arbeit, so dass der Vorsitzende des Kuratoriums, Dr. Wolfgang Girnus, der Preisträgerin an diesem Abend auch die ersten Exemplare überreichen konnte. In ihrer Dankesrede hielt Julia Nina Baumann ein leidenschaftliches Plädoyer gegen das Erstarken rassistischer, rechtsnationaler Kräfte und für eine politisierte, reflexive Wissenschaft.

Ein Auftritt des Musikers Wenzel, der mit Liedern von politischer Aktualität und die Erfahrungen der „Wende“-Generation verkörpernd, generationenübergreifend das Publikum begeisterte, rundete das Programm ab.